Roland Balzer                         Drei Gedichte über Lorenzo da Medici

 

 

Lorenzos Jugend

 

Mit der Palle feingeprägtem Siegel,

erbt’ ich Rätsels ungelösten Spruch.

Fünfen kann’s entgleiten,

nach dem Sechsten such.

 

Leicht gelöst war dies in Blütenjahren,

einfach ist es, Lilien Rosen vorzuziehen.

Frei zu streuen Gaben,

wie sie uns verliehen.

 

Da um uns die Mörder kamen

zu der Ostermesse heil´ger Stund,

Kaum am Leben, wurde ich gesund.

 

Doch des besten, meines Bruders Leben nahmen

schicksalwendend Dunkle unterm Domesrund,

O Guiliano, kein Vergessen reifte Deinem Namen.

 

 

 

Lorenzo, der Denker

 

Schöner Freude folgte bitterstes Gericht,

Fluch ward große Hoffnung,

da sie mir entglitt.

Sinnen um das Rätsel prägte mein Gesicht.

 

Kannte eilig Geldgeschäfte, Kunst der Diplomaten

Wissenschaften, schöne Künste, Denken

Engel sind es, welche unsre Wege lenken,

jenes Sechste ließ sich nicht erraten.

 

Ja, zu meinem Totenlager kam er, Marcos heil’ger Christ,

mich zu fragen, dem die Stimme brach zur selben Zeit

nach dem letzten, das ich noch vermißt.

 

Ließ die Zunge sich bewegen, ich gewährte Traulichkeit

O Savannarola, jenes Sechste ist:

kaum begonn’ne machtbewußte Menschlichkeit.

 

 

 

 

Lorenzos Vermächtnis

 

Römische Legaten mögen Geist verwalten,

Kapitole setzend über Meer und Land.

Durch der Uhren Enge rieselt doch der Sand,

läßt der Schaudergreise neue Macht veralten.

 

Da der weißen Lilie Feuerblüten wachsen,

und Europas Krone mit den Wind vergeht

weckt die Hoffnung Lichter, neuer Geist entsteht.

Mehrmals brechen wohl des neuen Wagens Achsen.

 

Listen stürzen tief was hoch beginnt.

Bitter straft der Feinde Wut

junges Streben, das sich nicht besinnt

 

sich zu brüdern mit dem Blut,

das aus Gottes   off’nem Herzen rinnt.

Heiliger! bestärke freier Menschen Mut! 

 

 

 

 

Aus „Septemberrevolution“

erschienen im Rabenrat-Verlag